Convenience

Ich bin ein fauler Hund. Ich benutze zum Beispiel,  wann immer es geht, einen Staubsauger, anstatt den Teppich auf die Schulter zu wuchten, die Treppe hinunter zu torkeln und das gute Stück auf der Teppichstange im Hof kräftig durchzuklopfen – anschließend  noch mindestens eine Stundebei etwa 5°C atmen lassen!

„Aber weißt du, wie gut ein Teppich riecht, der kurz im Neuschnee gewälzt und dann ordentlich geklopft wurde?“

Natürlich weiß ich das, ich kann mich dunkel erinnern. Aber Staubsauger ist schon OK, ehrlich. Ich meine, ich hab einfach die Zeit nicht, und dann der Aufwand und der Schnee-Wälz-Geruch, wie lang hält der denn? Na also!

Ich hab mir auch vor Jahren schon einen Induktionsherd gekauft und muss nicht mehr morgens Feuer machen, wenn ich abends eine Suppe essen will. Und Holz oder Kohle nachlegen! Und die Schlacken entfernen! Nein wirklich, ich brauch das nicht.

Ich muss auch nicht Kalbsfüße blanchieren und Knochen anbraten und 20 Stunden am Herd stehen und zuschauen, wie das Zeugs mit Gewürzchen und Kräutchen und Gemüseschnipseln vor sich hinsimmert. Da geh ich zum Supermarkt und kauf mir ein Glas Kalbsfond. Das hat jemand – oft sogar ein Sternekoch –  extra für mich geköchelt und abgeschmeckt. So gut würde ich das nie hinkriegen und: fast für lau!

Oder täusch ich mich da? Schmecken Dosen-Ravioli nicht doch anders als beim Hausitaliener? Benutzt Luigi andere Dosen? Oder hat Luigi eine Omma mitgebracht, die den Teig selber knetet? Und hat die sich vorher die Hände gewaschen? Es ist verwirrend.

Manchmal, wenn es draußen regnet, mach ich einen Spaziergang an der Kühltheke im Supermarkt entlang. Doch, doch, die älteren Leser werden es vielleicht nicht glauben, aber da kann man heute „entlang“ spazieren! Und herrliche Dinge sehen. Ich guck das lieber als im Zoo: Exotische Gerichte mit frischen Früchten, zumindest auf dem Etikett; Frankfurter Würstchen, nett aneinander geschmiegt im Vakuum-Kleidchen neben Kartoffelsalat und portioniertem Senf; oder altdeutsche Klassiker wie Rheinischer Sauerbraten mit leckeren dicken Rosinen, es ist ein Traum.

Oder in der Teigabteilung: Was hab ich mir schon die Designer-Küche versaut beim Versuch, einen Sonntags-Kuchen zu machen. Und da liegen sie alle: Hefeteig und Mürbeteig und Blätterteig und Filoteig und Strudelteig und Nudelteig und halt! Pfannkuchenteig?

Nee Leute, ich bin wirklich kein Öki-Heini, kein grüner Theken-Stürmer, aber Pfannkuchenteig? In der Kühltheke? Fertig zum in die Pfanne spritzen? Oder geht das mit Mikrowelle? Alles, was recht ist, aber es gibt Grenzen.

Für all jene, die es vergessen haben und für all jene, die es noch nie gehört haben: Ein Rezept für Pfannkuchen (na ja, eines von vielen, aber nicht das schlechteste): Verrühren Sie Mehl, Eier und Milch im Verhältnis 2:3:5 – also z.B. 120 Gramm Mehl, 180 Gramm Ei und 300 Gramm Milch – mit einer guten Prise Salz und lassen Sie den Teig einige Zeit ruhen – fertig.

Aber halt, jetzt nicht zum heißen Öl in die Pfanne gießen! Dies ist ein Experiment. Wir stellen die Schüssel ein paar Tage oder ein paar Wochen in die Kühltheke (oder ersatzweise in den Kühlschrank, falls Sie zuhause immer noch keine Kühltheke haben sollten) und schauen einfach mal, was passiert. Sie wissen es schon? Es wird eklig? Dann muss das wohl am Rezept liegen. Und warum der Fertigteig nicht eklig wird, das sollten Sie beim nächsten Besuch im Supermarkt mal auf der Zutatenliste nachsehen. Und weil auch „Fertig-Eier“ und „Fertig-Milch“ normalerweise schlecht werden, werden Sie  dort ein paar Zutaten finden, die das verhindern und ein paar Emulgatoren, damit die Soße flüssig bleibt und ein bisschen Hefeextrakt, damit es nach was schmeckt. Und wenn Sie alle diese Zutaten im Lexikon gefunden oder im Internet gegoogelt haben,  dann sollten Sie darüber nachdenken, wo Ihre Grenze verläuft im Convenience-Dschungel der Supermarktketten. Während dessen rühre ich mir den Originalteig an und fülle die Kerlchen mit gedämpftem Spinat, gekochtem Schinken und Mozarella-Scheiben.

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