Es gab ja hier eine kleine Blog-Pause. Nicht dass ich vorhabe, zukünftig jede Pause zu begründen, aber diesmal war ich ein paar Tage auf einem Familienfest und bin gestern mit dem Zug zurückgefahren. Dazu musste ich erst mal mit etwas, das sich S-Bahn nennt, Richtung Karlsruhe. Und kaum hatte ich mich gesetzt, da kam eine Durchsage (Ortsname verfremdet): „Nächste Haltestelle ‚Lauschden‘; Zug hält nur bei Bedarf!“
Und wenn man im Nachbarort aufgewachsen ist, dann fragt man sich natürlich, wo um alles in der Welt denn da der Bedarf entstehen soll, kurz: hätte man sich diesen Halt denn nicht gleich sparen können? Fremde Menschen haben doch keinen Grund da auszusteigen, und Einheimische, die zusteigen könnten, müssten ja clever genug sein, fliehen zu wollen – und solche Menschen wohnen dort prinzipiell nicht.
Aber der Zug hat gehalten. Der Bedarf war offensichtlich da. Mehrere Menschen sind eingestiegen – ohne Gepäck, also noch nicht mal auf der Flucht – und andere sind ausgestiegen – ohne Ekel und Verachtung im Gesicht. In meiner Kindheit, als eine Fehde noch eine Fehde war und immer mit dem Wohnort zu tun hatte, wäre das nicht möglich gewesen! Aber heute scheint man das Nachbardorf genau so leicht erreichen zu können wie – sagen wir einmal – Barcelona, New York oder Hongkong. Der Sieg der Globalisierung und das Ende der Regionen – traurig.
Nur in der Küche, da feiert die Regionalität fröhliche Urständ und blüht richtig auf – trotz Subway, McDonalds und Vapiano. Und jetzt kommt der eigentliche Skandal: Obwohl ich vier Tage im Schwäbischen war, gabs nicht ein Mal, kein einziges Mal Spätzle! Eigentlich undenkbar oder – aus einer anderen Sicht – unentschuldbar!
Deshalb muss es heute in der Lüneburger Heide welche geben, sozusagen Spätzle mit Migrationshintergrund. Das Küchentagebuch:
- Spätzle und Geschnetzeltes mit Sahne-Bechamel mit Kopfsalat
- Marmorierte Mousse au Chocolat
Und warum?
- Spätzle waren wie gesagt gesetzt. Linsen wären möglich gewesen, aber ohne Saiten wollte ich das dann auch nicht machen
- Wenn man ein paar Tage weg war, empfiehlt es sich, sich bei der Familie wieder einzuschleimen, damit die sehen, wie sehr man gefehlt hat. Zumindest in unserer Familie gibt es dazu kein besseres Mittel als dieses Dessert.
Und wie?
- In den Spätzlekrieg (mit oder ohne Salz, mit oder ohne Wasser, von Hand oder mit dem „Spätzleschwob“) will ich mich nicht einmischen, das kann sich jeder aussuchen. Für das Geschnetzelte eine helle Kalbsrahmrahmsauce vorbereiten, d.h. 1 Schalotte (feingehackt) in 30 g Butter andünsten, 15 g Mehl einrühren und 5-6 Minuten bei milder Hitze anschwitzen. ¼ l erwärmten Kalbsfond nach und nach unterrühren, dann mit ¼ l Sahne aufgießen, salzen und pfeffern und bei milder Hitze auf ca. 400 ml einkochen lassen. Durch ein feines Sieb gießen und im Wasserbad warm halten.
Dann 600 g Kalbsrücken schnetzeln, mit Pfeffer und Parikapulver (edelsüß) einreiben, salzen und (in 2 Portionen) in je 2 EL Öl in einer sehr heißen Pfanne von allen Seiten goldbraun anbraten. Sofort aus der Pfanne nehmen und in ein Sieb geben. Fleischsaft auffangen.
In derselben Pfanne 100 g Schalotten und 200 g gescheibelte Champignons anbraten, mit 80 ml Weißwein ablöschen und vollständig einkochen lassen, dann mit der Kalbsrahmsauce und dem aufgefangenen Fleischsaft aufkochen lassen und mit Salz und Pfeffer würzen. Das Kalbfleisch mit in die Sauce geben und erwärmen. Eventuell mit Petersilie bestreuen. - Eine schwarze Mousse zubereiten, eine weiße Mousse zubereiten. Sich keine Sorgen wegen der doppelten Menge machen. Abwechselnd in eine Schüssel schichten und mit einer Gabel spiralförmig durchmischen.
Fazit
- Migrationsspätzle sind überhaupt kein Problem, unter anderem, weil meine Mutter zum Beispiel noch nie etwas von Spätzlesmehl gehört hat, das es hier in der Tat nicht gäbe. Das Geschnetzelte musste ich – aus unerfindlichen Gründen – mit Schweinefilet zubereiten. Warum fängt es eigentlich immer zu regnen an, wenn ich Salat und Schalotten ernten will?
- Es hat geklappt, das Einschleimen.