Frau T. räumt gerne um. Also nicht auf, sondern um. Beziehungsweise: sie behauptet auf, ich behaupte um. Ist aber eigentlich egal, weil das Ergebnis ist dasselbe. Nämlich dass ich nichts finde.
Weil ich Frau T. schon ziemlich lange kenne, hab ich mich daran gewöhnt. Früher, als ich nur am Wochenende und manchmal gekocht habe, war das kein Problem. Da gab es immer drei oder vier Gänge und deshalb auch meistens einen Zeitplan. Und in diesem Zeitplan habe ich einfach alle Angaben mit dem empirisch ermittelten Faktor 2,41 multipliziert. Als Kompensation für „Kochlöffel suchen“, „Schneidemesser ausfindig machen“ oder – sozusagen als Training – „Schubladen öffnen und schließen“.
Jetzt, wo ich jeden Tag koche, versuche ich gar nicht mehr, mich zu erinnern. Die Erfahrung zeigt, dass das ohnehin nichts nützt und die Medizin lehrt, dass die Gehirnleistung bei ständigem Gebrauch nicht unbedingt besser wird. Also hüpfe ich durch die Küche, summe „Welches Schweinderl hätten’S denn gern?“ und freu mich tierisch, wenn ich in der dann geöffnete Lade irgendwas finde, ob ich es grad brauche oder nicht – man muss sich auch mit kleinen Erfolgen zufrieden geben. Manchmal hab ich schon den Küchenzettel geändert, je nach gefundenem Kartoffelstampfer, Apfelausstecher oder der Käsereibe. Man gewöhnt sich an so vieles und kann sich mit allem arrangieren.
Nun aber hat Frau T. Geburtstag und sich (oder uns) eine neue Küchenmaschine gewünscht. Ich hab sie ausgepackt und viele, viele Einzelteile entdeckt, die alle irgendwo verstaut werden müssen, wenn man gerade mal nicht Würste füllen, Makkaroni herstellen, Nüsse zerkleinern, Milchshakes schütteln oder Spätzles-Teig schlagen will. Ich ahne Schlimmes.
Seit Stunden höre ich aus der Küche verdächtige Geräusche. Da werden Türen geöffnet und zugeschlagen, Töpfe umgeschichtet und Besteck zwischengestapelt. Es hört sich an, als würden Regale versetzt und Küchenelemente verschoben. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob die Küche nicht morgen im Bad ist und ich mir die Zähne im Wandschrank putzen muss. Ich mache mir Sorgen.
Heute Abend habe ich sie vorsichtshalber eingeladen – wir gehen ins Restaurant. Aber morgen? Morgen muss ich da durch. Vielleicht kauf ich ein Tiefkühlgericht, die Mikrowelle müsste zu finden sein. Das geht aber auf die Dauer auch nicht. Meine Güte, bin ich froh, dass ich den Geburtstagskuchen schon vorher gebacken hatte:
Französischer Schokoladenkuchen
200 g dunke Schokolade in Stücke brechen und in einer Schüssel über einem heißen Wasserbad schmelzen. 200 g weiche Butter einrühren. Etwas abkühlen lassen.
Backofen auf 200 °C vorheizen; eine Springform (24 cm) fetten und leicht mit Mehl bestäuben.
4 Eier und 150 g Zucker mit den Schneebesen des Handrührers aufschlagen. Die Schokoladen-Butter-Mischung einrühren. 60 g Mehl und 25 g gemahlenen Mandeln vermischen und mit einem Holzlöffel unter die Schokoladenmischung rühren, so dass sich alles gut vermischt.
Teig in der Form glatt verstreichen und ca. 25 Minuten backen. Am besten noch lauwarm probieren.
Auch wenn das der letzte Kuchen in dieser Küche gewesen sein sollte: es hat sich gelohnt. Und für ein nächstes Mal müssten ein Handrührer und eine Schüssel aufzutreiben sein. Den Backofen finde ich bestimmt auch wieder – irgendwann und irgendwo.