Ich dachte immer, die Sprache wär erfunden worden, damit Menschen, zumindest benachbarte Menschen, sich unterhalten können. Das scheint aber nicht so zu sein. Nehmen wir zum Beispiel das Geschlecht. Nein, nicht das Gendern, sondern dieser total unnötige Umstand, dass völlig unpersönliche Wörter in vielen Sprachen ein Geschlecht haben: Der Mund, die Nase, das Kinn. Weil es dafür ja eigentlich keinen Grund und kein natürliches Geschlecht gibt, müssen das irgendwelche Sprachkobolde erfunden haben, die sich daraus einen Spaß machen und sich jedes Mal köstlich amüsieren, wenn wieder ein armer Wurm »das Baum« sagt – es ist für Muttersprachler ja auch ein Rätsel, wie man sich da vertun kann. Nehmen wir zum Beispiel Spanien und Portugal. Auch wenn beide Seiten das heftig bestreiten: Die Sprachen sind nahezu identisch. Aber auch dort gibt es Kobolde, die u.a. auf la nariz, aber o nariz bestehen, also die Nase und der Nase oder der Brücke und die Brücke. Unter anderem, wohlgemerkt. Oder Deutsch und Holländisch. Die Holländer haben für der und die nur ein Wort: de. De man, de vrouw, de mannen, de vrouwen. Das ist schön, aber halt auch het kind. Das macht es jetzt für zum Beispiel Spanier oder Franzosen, die nur zwei Geschlechter haben, nicht gerade einfacher, aber für Deutsche ist das doch toll, oder? Het = Das. Schon, aber bei welchen Wörtern? Die Liste der Ausnahmen ist nämlich länger als die der Übereinstimmungen. Das Auto zum Beispiel, aber de auto. Zum Beispiel, wohlgemerkt. Und zu allem Überfluss sagen wir: Das Mädchen holt sein Fahrrad. Während Holländer sinngemäß sagen: Das Mädchen holt ihr Fahrrad (Het meisje haalt haar fiets). Da müssen Kobolde am Werk sein, mit dem normalen Menschenverstand ist das nicht zu erklären, so viel ist sicher.
Küchentagebuch, Dienstag 20. Juli 2021
- Bunter Mangold mit Tomaten und Grünen Oliven (Ottolenghi, Flavours, S. 183, und hier)
- Kartoffeln
- Schokoladenpudding mit Heidelbeeren