Eines meiner schwebenden und noch nie angefangenen (oder von Beginn an schon aufgegebenen) Projekte ist eine »Liste der völlig überschätzten Lebensmittel«. Uneinholbar auf Platz 1 wäre fraglos »das Panko«. Vor ein paar Jahren hätte ich noch dazuschreiben müssen, dass es sich um Semmelbrösel handelt, aber – Achtung! – aus Japan! Und man weiß ja, dass in Japan zum Beispiel ein Sushi-Koch erst mal zehn Jahre lang üben muss, wie man das Messer hält und dass er dann – vielleicht – einen Probefisch ansehen, aber halt noch lange nicht anschneiden darf. Und erst kurz bevor er aus Altersgründen ausscheidet, darf er einem Gast einen von ihm erstellten Teller servieren. Und wenn alles gut geht, dann fangen Gast und Koch an zu weinen, heimlich natürlich, damit keiner das Gesicht verliert, und versichern sich, dass sich dafür das alles gelohnt hat und dass sie jetzt zufrieden sterben können! Und so muss das auch bei Panko sein. Angefangen beim Bauern, der sein ganzes Leben dem Weizen geweiht hat und jedes Korn beim Namen kennt, über den Müller der eisern – wenn möglich ohne Esel oder Gott bewahre! motorbetriebene Hilfsmittel – die Mühlsteine antreibt und verzückt dem Knirschen der Weizenkörner lauscht, bis zum Bäcker der all diese Zutaten zu Fuß bei den anderen einsammelt, und wo sie sich jeweils bei einer zwei Wochen dauernden Teezeremonie gegenseitig darin bestärken das Richtige zu tun. Und das Brot, das er dann bäckt, wenn er wieder zu Hause ist! Das Brot! Gut, man kann es nicht essen. Aber wenn man es zerkleinert kommen prima Semmelbrösel dabei raus. Vielleicht ist es bei mir wie bei dem Fuchs und den Trauben. Und ja, ich habe lange Zeit gar kein Panko kaufen können, weil ich die Insider-Quellen nicht kannte und niemand im Bekanntenkreis auf die Idee gekommen wäre, schnell mal nach Yokohama zu fliegen und Panko einzukaufen oder – besser – beim Bäcker direkt abzuholen. Aber seit ich im Supermarkt um die Ecke das kaufen kann, was verarmte Köche in Fernsehsendungen anpreisen müssen, weil sie wie immer ein paar Jahre hinterher sind, aber halt das Geld brauchen und auch Industrieschrott anpreisen müssen, seither weiß ich, was ich auf keine Fall essen will: dieses Panko. Wenn die Bürli nichts werden, dann werden sie ein wenig getrocknet, vielleicht auch geröstet, durch den Mixer gejagt – nicht zu fein – und es werden erstklassige Semmelbrösel werden!
Küchentagebuch, Sonntag 1. August 2021
- Schweinefilet mit Scampi in Estragonsauce (im April schon mal gekocht)
- St. Galler Bürli (s.u. – Schweizer Semmeln, man braucht nämlich viel gutes Brot für diese Sauce)
Gebacken: St. Galler Bürli (gesehen bei brooot.de)