zwei von zwei

Das Jahr schleppt sich röchelnd über die Ziellinie. Kein schlechtes Bild, aber natürlich absoluter Quatsch, denn ein Jahr ist ja kein dehydrierter Marathonläufer und dauert auch keine 42 Kilometer. Das Jahr ist nämlich im Wesentlichen eine Erfindung der Menschen, die “zwischen den Jahren” einfach mal alle fünfe grade sein lassen wollten. Es existiert also nicht an und für sich, sondern ist sozusagen nur die Negation des eigentlichen Nicht-Seins. Man sollte deshalb auch nicht von einem schweren Jahr reden; das Jahr ist schließlich kein Sumo-Ringer, und wie schwer wäre denn ein schweres Jahr? 42 Kilogramm? Wenn wir schon über etwas sprechen wollen, was es eigentlich gar nicht gibt, dann sollten wir wenigstens davon Abstand nehmen, die unsinnige Frage zu stellen, was das nächste Jahr bringen wird! Etwas, was es nicht gibt, ist nämlich vieles nicht, u.a. auch kein unterbezahlter DHL-Mitarbeiter. Und die Antwort ist ohnehin 42.

Hauptsächlich wegen eines Feldsalates, der sich nur mühsam über Weihnachten 🎄 retten konnte (und weil die eigene Ernte noch spärlicher ausfällt*) als die bei Petra 🌶) “mussten” am 2. Feiertag eine Packung Spaghetti und ein Glas von diesem unglaublich köstlichen Tomaten-Sugo ihr gemütliches Plätzchen im Keller verlassen, um ihren Teil zur Ernährung der Familie beizutragen; danke dafür. Am Dienstag Colcannon, ein irischer Kartoffelstampf mit Grünkohl oder anderem Kohl oder anderem Grün oder ohne Grün, für das es wie so oft kein Rezept gibt – oder halt tausende: there’s no such thing as a recipe for colcannon, really. It’s something that is put together with love, not measurements). Mit einem kleinen Rumpsteak.

*) ausfallen scheint mir in diesem Zusammenhang tatsächlich das richtige Wort zu sein.

Mich musste niemand dazu bringen. Lediglich meinen inneren Schweinehund musste ich überlisten, der mir immer zuflüsterte: mach halt eine Suppe draus, das geht schneller. Aber standhaft wie ich manchmal bin, kam die Querrippe lang genug ins Rohr, um letztendlich am Mittwoch als Braised Beef Pappardelle nach Dennis Prescott (s. ArthursTochterKocht) auf dem Tisch zu landen. Am Donnerstag gab es mittags (richtig bayrische) Weißwürste mit Brezen; dann reicht abends eine Gulaschsuppe (aufgetaut) mit frisch (aufgetauten) Semmeln.

Da der Grünkohl im Garten offensichtlich Schwierigkeiten mit den Temperatur-Sprüngen hat, und ich da kein Risiko eingehen wollte, gab’s am Freitag noch schnell den Stir fried kale with tahini, chilli and soy aus dem Guardian. Für Silvester war eine rustikale Grundlage, und für Neujahr ein leichtes Essen geplant. Aber dann kam El Comidista mit einem festlichen Mahl und einem vornehmen Wein daher, und zwar mit dem Argument, es sei schließlich das letzte Abendessen des Jahres *). Natürlich könnte man auch argumentieren, das mache das Jahr auch nicht mehr besser und man sollte doch eher das Neue gebührend mit dem ersten Abendessen begrüßen. Ich wollte es mir mit keinem von beiden verderben; also fix umgeplant:

*) Für viele Spanier wahrscheinlich auch das letzte des Lebens. Sie müssen nämlich um Mitternacht zwölf große Trauben verschlingen, weil sie alle gegessen haben müssen, bis die zwölf Glockenschläge verklungen sind, was wohl eine recht anspruchsvolle Aufgabe ist, die nur mit penibler Vorbereitung zu schaffen ist, und sicher auch oft mit Erstickungsanfällen endet.

Am Samstag also Rahmlinsen mit Orangen und Zander [und Doradenfilet und Tiger Prawns; ich war offensichtlich zu spät am Fischstand auf dem Markt und konnte “nur” noch Reste abstauben] – wegen den Linsen oder besser: den lenticchie. Leider war keine rote Unterwäsche aufzutreiben, aber die Linsen und Sekt hinter dem Ohr: das wird schon. Am Sonntag dann (Huch! Ein anderes Jahr! Ein völlig anderes Datum!) noch ein Festessen: Süßkartoffel-Gratin mit roter Currysauce (und Zitronengras und Limettenblätter) aus den Mezcla-Buch mit meinen ersten schwäbischen Knauzen.

Na dann, bis demnächst. Irgendwann. Irgendwie. Und sowieso.