Diese Tage war ich bei YouTube, um mir das Sternefresser-Interview mit Thomas Bühner anzusehen. Und neben all den Sternen und Sterneköchen in der rechten Leiste mit ähnlichen Videos, war an relativ prominenter Stelle: „Wie kocht man Rosenkohl?“
Ich nehme mal an, Google hat aus meinen Bewegungsdaten gesehen, dass ich morgens auf dem Markt war, und aus meinen Kreditkartenabrechnungen und den Wareneinkäufen des Gemüsehandlers und aus früheren Einkäufen und mit ganz geheimen Algorithmen und ein wenig Esoterik war dann schnell ermittelt, dass ich Rosenkohl gekauft hatte. Und messerscharf hat Google geschlossen, dass ich eigentlich gar nicht an Herrn Bühner interessiert bin (weil ich mir das – s. Kreditkartenabrechnungen – ohnehin nicht leisten könnte), sondern dass ich dringend wissen muss, wie man Rosenkohl kocht.
Das hat mich gefreut. Endlich mal jemand der mitdenkt. Und obwohl ich natürlich etwas enttäuscht war, dass mir die Trauben, die Pilze, Schalotten und das Kraut nicht auch angeboten wurden, habe ich mir das Video angesehen, schon um die Mitarbeiter in der Service-Abteilung von Google nicht vor den Kopf zu stoßen.
Das Video war dann auch sehr schön. Ein netter, etwas beleibter Hobbykoch hat jeden Handgriff schön ins Bild gesetzt und mit netten Worten erklärt. Nach dem dritten Röschen war mir zwar ein wenig langweilig, weil ich mir schon denken konnte, dass das bei dem restlichen Kilo so weiter gehen würde, aber nun Gott, ich bin ja nicht sein einziges Publikum und vielleicht ist nicht jeder mit so einer raschen Auffassungsgabe gesegnet wie ich, sei’s drum. Ich konnte ja aber auch nicht einfach aufhören oder weiterspulen, weil ich ja wusste, dass mich die Google-Service-Mitarbeiterin beobachtet. Also habe ich mich zurückgelehnt, die Augen halb geschlossen und das Filmchen bis zum bitteren Ende angesehen (ja: das restliche Kilo wird genauso behandelt wie die ersten drei Röschen, nur falls es jemand nicht schafft, bis zu dieser Stelle vorzudringen). Und als der gnädige Fortschrittsbalken behäbig fast bis zum Anschlag vorgeruckelt war und ich aufatmend zur Maus greifen wollte, sagte der doch tatsächlich, mit dem Gesicht über einem Topf mit brodelndem Salzwasser: „etwa dreißig Minuten kochen“!
Um Gottes Willen! Leute! Wenn ihr den Geschmack von Rosenkohl nicht mögt, dann esst doch bitte Brokkoli oder Rahmspinat! Dreißig Minuten! In Worten: 30!
Gut, ich verstehe ja, dass der Rosenkohl nicht den besten Ruf hat, weil: er ist schont „etwas aromatisch“, und das ist der Mensch halt nicht mehr gewöhnt. Aber bitte: dreißig Minuten! Das dürft ihr dann bitte nicht mehr Rosenkohl nennen. Ich weiß, ich sollte mich nicht aufregen. Das hat bei Joghurt nicht funktioniert, nicht bei Lamm und nicht bei Camembert, wieso sollte es dann bei Rosenkohl klappen, ich weiß schon. Aber ich bin halt einer dieser alten Säcke, die nicht aufgeben wollen, auch wenn sie sich schon auf der Zielgeraden befinden. Und deshalb möchte ich hier, bevor ich den Laden schließe, für die Nachwelt dokumentieren, wie Frau T. mir beigebracht hat, Rosenkohl zu kochen:
Von den Röschen den Strunk abschneiden, die äußeren Blätter entfernen und den Strunk kreuzweise einschneiden. In einer gut gewürzten Fleischbrühe ca. acht bis maximal 10 Minuten köcheln und abgießen. In dem Topf ein gutes Stück Butter zerlassen, etwas Semmelbrösel darin anrösten und die Röschen darin schwenken. Sofort servieren.
Und wenn einer eurer Gäste dann fragt, warum ihr den Kohl paniert, dann geht am besten gar nicht darauf ein – es lohnt sich nicht, sich mich Holzköpfen auseinander zu setzen.
Gab es vielleicht einen zweiten Teil, in dem er den Rosenkohl zu Püree stampft?
Übrigens auch hübsch: Anstatt Brühe Wasser nehmen und 1-2 angeschlagene Knoblauchzehen.
Ich liebe Rosenkohl!
Wir könnten eine Fan-Club gründen. Und Krawalle gäb es nur, wenn irgend ein Ultra den Pürierstab zückt …