Der Challenge: Kalbsleber mit Madeirasauce und Pekannuss-Kartoffelpüree
Den Einkaufszettel: 4 Kalbsleberscheiben (à 100 g, ca. 1 cm dick) und 60 g Pekannusskerne hat Frau T. erledigt (wenn auch nicht mit der von Herrn Lafer geforderten Präzision und ohne Pekannüsse).
Der Vorrat: Neben Öl, Butter, Sahne, Walnüssen und was man halt so braucht, waren auch 500 g mehlig kochende Kartoffeln, 2 Schalotten, 1 Knoblauchzehe, 100 g Champignons, 80 g durchwachsener Speck und 200 ml Madeira noch vorhanden.
Der Plan: Essen um 19:00 Uhr (spätestens). Abzüglich der von Herrn Lafer geschätzten Zubereitungszeit von 50 Minuten sollte sich irgendjemand gegen 18:00 Uhr in die Küche begeben und die Lage peilen.
Das Problem: Gegen 17:00 Uhr scheint die Abendsonne direkt auf die Terrasse. Ebendort hat Frau T. unter anderem einen gemütlichen Stuhl hingestellt, ein anderes Familienmitglied hat ein Pils geöffnet und den Kindle mit einem neuen Buch (Gibraltar. Von Sascha Reh) bereitgelegt…
Der Ablauf: Der für die spätere Zubereitung des Abendessens Zuständige versucht, den günstigsten Neigungswinkel für den Stuhl zu ermitteln, Bier und Kindle so zu arrangieren, dass beide zu ihrem Recht kommen und sich nicht gegenseitig behindern, würde gerne vorab ein wenig blättern, kann aber nicht. Fühlt sich trotzdem wohl. Blinzelt in die Sonne, trinkt den ersten eiskalten Schluck und beginnt zu lesen. Frau T. nimmt ihre Paraderolle ein und sagt im Vorbeigehen: „Du weißt schon, dass wir heute spätestens um sieben essen müssen?“ 17:15 Uhr. Jede Menge Zeit. „Gibraltar“ spielt im Milieu einer Privatbank, alle Protagonisten sind zumindest schwer gestört, liest sich aber gut. 17:35 Uhr. Das Bier war besser, als es noch kalt war. Austrinken und noch eines Öffnen? Valerie ist definitiv gestört. Sie hört Stimmen, ist aber irgendwie sympathisch, anders als Thomas. 17:50 Uhr. 50 Minuten sind sicher übertrieben für ein bisschen Kartoffelbrei und paar Leberscheiben. Das geht auch schneller. Valerie wird immer sympathischer. Die Sonne wird immer angenehmer. 18:10 Uhr. Noch 8 Minuten bis zum Kapitelende. Im Kartoffelschälen hab ich Übung, das geht ratzfatz. 18:25 Uhr. Ich glaub, ich fang dann mal an. Obwohl: die Sonne sollte man ausnutzen, im nächsten Kapitel kommt endlich Bernhard dran, der böse Banker. Vielleicht nur einen Toast? Oder ein Tomatenbrot? Nix da, ich habs versprochen. Und die Leber wird nicht frischer, wenn sie rumliegt. Nur noch ein paar Sätze, nur noch einen Schluck …
Also Kartoffeln schälen, waschen, vierteln und in Salzwasser garen. Jetzt die Kalbsleberscheiben … Was will denn der mit den Kalbsleberscheiben? Also lieber mal die Walnüsse hacken. Ich erhitze schon mal 2 El Nussöl. Aber halt: die Madeira-Sauce muss doch wahrscheinlich reduziert werden? Also Schalotten schälen, hacken. Knoblauch schälen, hacken. Champignons putzen, hacken. Speck würfeln. Puuh. Und das Öl? Raucht. Ich will aber nicht frittieren. Also weg vom Herd. Erst mal schnell in den Garten sprinten und 1 TL Thymian ernten, waschen, hacken. Dann das ganze Kleingeschnippelte mit einem TL Butter glasig dünsten. Das Öl? Eiskalt. Also wieder auf den Herd, aber mit weniger Hitze. Mit Madeira ablöschen und sämig einkochen lassen. Die Nüsse in das heiße Öl kippen. Ist aber nur lauwarm. Gas geben! Da war doch noch was? Leber, genau. Von beiden Seiten in Mehl enden und in 2 El Öl ca. 4 Minuten goldbraun braten. Nicht zu heiß, nicht zu lang, nicht salzen! Die Nüsse? Mein Gott, die Nüsse! Schwarz. Na ja nicht schwarz, das geht schon noch, gut gebräunt. Jetzt 125 ml Sahne eingießen und leicht sämig einkochen. Denk an die Leber! Kartoffeln abgießen, ausdampfen und durch die Kartoffelpresse in die Nuss-Sahne drücken. Die Leber. Denk an die Leber! (Anm.: Leber wird noch zarter, wenn sie unmittelbar nach dem Braten ein paar Minuten in der Pfanne am Herdrand ruhen darf.) Schnell mit einem EL Butter abglänzen und zur Seite schieben. 2 EL Butter in das Püree rühren, mit Salz, Pfeffer, Muskat würzen und noch 3 EL geschlagenen Sahne unterrühren. Schwarz! Nüsse, die, nun ja, ein wenig dunkel geworden sind, ergeben schwarzes Püree! Soll ich nochmal von vorn anfangen? Das wird eng. Also die Abbildung im Kochbuch abdecken und behaupten, das muss so.
19:00 Uhr. 30g kalte Butter in die nicht mehr kochende Sauce einrühren, Leber kurz in der Sauce schwenken, Püree (schwarz!) anrichten. 19:02 Uhr: „Essen ist fertig!“ (Ein geschmacklich sehr harmonisches Gericht. Wenn man die Zubereitungszeit etwas großzügiger angegeben hätte, wäre das Püree vielleicht sogar hellbraun geworden und hätte etwas weniger angekokelt geschmeckt.)
Der Nachtisch:
(Falls sich noch jemand an den kleinen Rhabarber erinnert: eine gelungene Metamorphose)