Das tapfere Schneiderlein

 

… ist ein typisches Mobbing-Opfer. Eines dieser beklagenswerten Geschöpfe, die machen können, was sie wollen; immer werden sie gehänselt und – im besten Fall – belächelt. Noch heute – nach was weiß ich wie vielen Jahren – schüttelt es manchen Leser vor Lachen, wenn er auf die Zeile „7 auf einen Streich“ trifft.

Aber, Freunde: „7 auf einen Streich“ ist eine veritable Leistung! Zumal in der Stadt, bei einer Fliegendichte von 0,5 Fliegen pro Quadratkilometer ist das kaum zu schaffen. Und auch hier auf dem Land – bei einer Dichte von 500 Fliegen pro Quadratzentimeter – ist das nicht so einfach wie es zunächst scheinen mag; die Mistviecher sind verdammt flink!

Nachdem nun aber meine Tante- fast 90 und halbblind – auf die Frage, wie sie denn der Fliegen Herr werde, einfach auf ihre Fliegenklatsche gezeigt hat, habe ich kurzzeitig die Strategie gewechselt. Seither bin ich ja der Plage mit buddhistischer Ruhe begegnet. Auch wenn’s innerlich brodelt: nichts anmerken lassen, einfach akzeptieren: So ist nun mal die Welt und von einer höheren Warte aus betrachtet, wird das schon irgend einen Sinn ergeben, oder auch nicht. Egal, was will man tun?

Aber jetzt bin ich bewaffnet. Für 39 Cent gab’s eine quietsche-gelbe Fliegenklatsche bei Famila im Angebot. (Dass das Muster des oberen Teils aussieht wie ein Fußball, hat zunächst Assoziationen – Fliegenfänger – zu den Torhüterinnen der Frauen-WM geweckt, aber weil das politisch nicht korrekt wäre, steht diese Anmerkung hier nur in Parenthese und braucht nicht kommentiert zu werden).

Um es kurz zu machen: Die Aufrüstung hätte ich mir sparen können. Von „7 auf einen Streich“ bin ich – trotz eines beträchtlichen Angebots an Kamikaze-Fliegen – meilenweit entfernt. Selbst „1 auf sieben Streiche“ scheint mir im Moment nur bei absoluten Top-Profis möglich; Amateure und Anfänger sollten ihre Ziele deutlich niedriger stecken.

Obwohl – vor ein paar Wochen hätte es klappen können. Wir hatten den Grill vorgeheizt, eine Dorade mit Rosmarin und Thymian gefüllt und leicht mit Zitronensaft beträufelt. Und als der Fisch den heißen Rost berührte, fing es an zu duften. Ein bisschen  Fischer-Vroni, ein bisschen griechische Strandkneipe, ein bisschen Seele-baumeln-lassen.

Nur in dem Moment, als der Hausherr zum Fischbesteck griff, um das verführerische Stück säuberlichst zu tranchieren, damit niemand in der Familie durch eine Gräte zu Schaden käme … wurde der Himmel innerhalb 0,3 Millisekunden schwarz, tiefschwarz und man sah die Hand vor Augen nicht. Erst als der Grätenteller von einem todesmutigen Familienmitglied in die andere Ecke des Gartens verfrachtet wurde, und die Augen sich langsam wieder an das blendende Licht gewöhnten, wurde klar: „700 auf einen Streich“ wäre durchaus, sogar mit Leichtigkeit möglich gewesen, aber da hatte ich halt noch keine Fliegenklatsche.

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