In einem akuten Anfall von Prokrastination habe ich mal die für mich greifbaren Food-Blogs auf Hinweise für “Functional Food” untersucht. Schließlich ist das – neben der Regionalisierung – einer der Ernährungs-Renner der Zukunft. Und was muss ich feststellen? Nix! Gut, ich mag den einen oder anderen Blog ganz ausgelassen und bei anderen Blogs die tieferen Zusammenhänge nicht verstanden haben, aber das Ergebnis der Recherche ist niederschmetternd. Null Hinweise auf Diagnose oder Therapie! Das kann so nicht bleiben. Deshalb mein Aufruf für eine Online- Rezepte-Sammlung (gerne auch aus dem Archiv), die der Nahrungsmittelindustrie das Fürchten lehrt. Beginnen wir mit
Folge 1: Darmträgheit
Um keinen Fehler zu machen, braucht’s natürlich erst einmal eine ordentliche Differentialdiagnose: “Darmträgheit haben Sie dann, wenn Sie weniger als dreimal in der Woche Stuhlgang haben, oder wenn Sie sich ewig auf dem Klo mit Pressen quälen müssen, bevor sich etwas rührt.” (nach http://www.gesunde-hausmittel.de/darmtraegheit)
Und damit zur Therapie: Es reicht natürlich nicht, einfach Activia® in das Dessert zu kippen, da sei foodwatch vor! Aber ansonsten zählt alles, was das Wohlbefinden steigert. Und bitte nicht nur pflanzliche Ballaststoffe: “Trotz der beharrlichen Empfehlung einer vitamin- und ballaststoffreichen Kost, bleibt ein echtes Vollwertprodukt auf der Strecke: Die Wurst.” (klick).
Für Neukreationen hätte ich – neben Leinsamen im Müsli und getrockneten Pflaumen zum Wildschwein – ein paar nicht ganz alltägliche Empfehlungen:
- Flohsamen hört sich exotischer an, als es ist. Schon Hildegard von Bingen – ein Garant für das “functional” – hat diesen Samen einer südländischen Wegerichart verwendet
- Schwedenbitter erfunden von der Österreichischen Kräuterfrau Maria Treben und im Dreißigjährigen Krieg von einem schwedischen Militärarzt eingeführt, wird immerhin “mit hochprozentigem Schnaps” angesetzt, weshalb eine Wirkung sozusagen garantiert werden kann. Kann außerdem auch in zukünftigen Folgen verwendet werden, denn er hilft auch “bei Gelenkschmerzen, Ohren- und Zahnschmerzen, Entzündungen, Wunden und Hühneraugen“.
- Fischkornbrei(Kaviar-Mus?) hört sich auch vielversprechend an, hat sich aber leider als Lesefehler meinerseits herausgestellt, es heißt natürlich Frischkornbrei.
Überhaupt empfiehlt es sich, einen Blick in Großmutters Hausmittel-Kladde zu werfen:
- Bei Darmträgheit ein bis zwei Knoblauchzehen auspressen, mit lauwarmem Wasser mischen und dieses auf nüchternen Magen trinken.
- Zur Verdauungsförderung: 1 Flasche Südwein, 1 El zerkleinerte gelbe Enzianwurzel, je 5 g Bitterklee, Kalmuswurzel, Apfelsinenschalen und 3 g Anis. Alles zusammen in eine große Flasche geben, 2 Wochen ziehen lassen und dann nach Bedarf 30 Minuten vor jeder Mahlzeit ein Schnapsglas davon trinken.
- 100 g Kümmel, 5 g Koriander, 5 g Sternanis zermahlen, mit 300 g Kandiszucker mischen und mit 700 ml Wodka abfüllen. Gut verschließen und vier Wochen ziehen lassen. Abseihen und nochmals 14 Tage beiseite stellen. Sollten nun Verdauungsprobleme bestehen nach dem Essen ein Schnapsglas davon trinken.
Funktionales Essen kann so viel Spaß machen! Wär doch gelacht, wenn die Foodblogger-Szene da nicht ihren Beitrag leisten könnte. Nicht mit irgendwelchem Labor-Schnickschnack, sondern – wie üblich – mit regionalen Produkten und viel Phantasie. Angeregt wurde diese Aktion übrigens von einer Kaufland-Beilage in der Sonntagszeitung – wobei ich aber nicht sicher bin, ob ich deren “Bunte Reis-Gemüsepfanne mit Rinderfiletspießen” gelten lassen würde: allein Vollkornreis ist mir ein bisschen wenig!
Ich reise jetzt für ein paar Tage nach Brasilien und hoffe, bei meiner Rückkehr ein paar Activia-Ersatz-Rezepte Marke Eigenbau im Feedreader vorzufinden.
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich. (übernommen aus Apothekenumschau).