Auch wenn mir die Ente nicht glauben mag: dort draußen in den Zwetschgenbäumen sammeln sich die kleinen Zwetschgchen zum Generalangriff! Gut, das mag nur dem Experten auffallen und wird vielleicht auch noch ein paar Tage dauern, es wird sich aber wohl nicht verhindern lassen.
Und es gibt auch noch andere Anzeichen für den Frühling: Küchenschaben kriechen auch auf dem feuchten Boden, um Minzeblättchen zu suchen. Das ist nur mit einem sehr, sehr langen Winter zu erklären. Und auch wenn ich so tief noch nicht gesunken bin, es ist nicht zu bestreiten: der Frühling treibt seltsame Blüten.
Hier im Norden sitzen notdürftig bekleidete Menschen im Eiscafe – mit deutlich sichtbaren Frostbeulen an den entblößten Oberarmen. Nur nichts anmerken lassen: es ist Frühling!
Der Rhabarber spitzt durch die Erde, obwohl ich ihn im Herbst so tief eingebuddelt habe, dass ich dachte, er kommt – wenn überhaupt – in Australien zum Vorschein.
Die ganze Nachbarschaft häckelt und vertikuliert und schnipselt und harkt. Und Frau T. hat den Spaten gefunden.
Hoppala! Nicht etwa, dass sie den benutzen will, Gott bewahre! Nur demonstrativ schon mal hinstellen. So als kleinen Hinweis. Das brauch ich aber nicht, wirklich nicht. Ich bin ja nicht faul, ich will doch nur der Natur ihren Lauf lassen; ich glaube, das mag sie gerne, die Natur. Und ich mag’s auch.
Es ist ja beileibe nicht so, dass ich untätig bin, wenn ich im Gartenstuhl sitze und in die Sonne blinzle. Ich stell mir dann schon vor, was man alles tun könnte. Vielleicht auch müsste. Oder sollte. Aber manchmal ist es dann einfach schon anstrengend genug, noch eine Tasse Kaffee zu holen, noch mal umzublättern. Man darf das nicht unterschätzen. Auch das ist Stress.
Und apropos umblättern. Vor kurzem in der Süddeutschen:
„Erschöpfung beeinträchtigt das Gedächtnis!“
und
„Körperliche Anstrengung vernebelt die Erinnerung.“
Frau T. will wissen, was das jetzt mit dem Spaten im Allgemeinen und mit dem desolaten Zustand des Gartens im Besonderen zu habe. Manchmal hat Frau T. einfach zu wenig Gespür für die Brisanz neuer Forschungsergebnisse und für deren weitreichenden Folgen. Dabei ist es doch ganz einfach:
Schau mal, sage ich, da muss man abwägen. Ich, zum Beispiel, genieße es sehr, so hier mit dir auf der Terrasse zu sitzen, und will dabei durchaus das „mit dir“ kräftig unterstreichen, Seit an Seit, durch Freud und Leid, in tiefer Harmonie. Zwar könnte ich mir natürlich durchaus auch vorstellen, dass das noch schöner geht. Mit anmutig angelegten Gartenwegen, hübsch bepflanzten Rondellen, sorgfältig geharkten Blumenbeeten und …
Aber wenn die Wissenschaft jetzt nachweist, dass Schweiß nicht nur streng riecht, sondern auch der Erinnerung abträglich zu sein scheint, dann könnte ich mich ja vielleicht später an diesen Moment, jetzt, „mit dir“, gar nicht mehr oder nur schemenhaft erinnern. Und das kannst du mir doch nicht ernsthaft zumuten wollen.
Mal schauen, ob der Spaten morgen noch dasteht. Ich befürchte: ja. Ich muss mich noch ein wenig setzen und an der Argumentation feilen.