Rural Gardening

Kurz bevor “Urban Gardening” die Städte überschwemmte, kurz bevor der Kopfsalat zum ideologischen Disput ansetzte, kurz bevor Guerilla-Gärtner das Gemüse in die Innenstadt brachten, ohne auf die Marktfrau zu warten, kurz davor bin ich aufs Land gezogen. Wie immer schlechtes Timing.

Ich hätte nämlich alles auch in der Stadt haben können. Guten Espresso und gutes Gemüse. Hugo und Karottensaft. Es ist ein Jammer.

Obwohl ich dort wahrscheinlich alles genauso falsch gemacht hätte wie hier. Ich hab mir nämlich zum Beispiel – heute kann ich das kaum mehr glauben – Botanik-Bücher gekauft. Dabei denken nur Greenhorns, Gärten hätten was mit Pflanzen zu tun.

Haben sie natürlich schon irgendwie. Aber ein Garten ist wie ein Streichelzoo. Gärtner und Kinder lieben sie um ihrer selbst willen, aber jeder Fachmann weiß: alles nur Futter für die Raubtiere. Und ich rede hier nicht von der gemeinen Nacktschnecke.

Doch, natürlich rede ich auch von den Schnecken, was bleibt mir übrig? Gestern Nacht hat zum Beispiel eine Kohorte (oder wie auch immer die militärisch organisiert sind) einen Riesen-Zucchino vertilgt. Nicht angeknabbert oder mit ihrem Schleim vollgesabbert, wie das häufig in feuchten Nächten geschieht, nein: ratzeputz aufgevespert. Wer jemals die Ausmaße einer Zucchini gesehen hat, die der Gärtner wegen schlechten Wetters auch nur drei Minuten außer Acht gelassen hat, wird mich der – wenn auch unwissentlichen – Lüge beschuldigen. Und ja: ich kann es nicht beweisen, weil die Überwachungskamera wegen Regens ausgefallen war, aber alle Indizien sprechen dafür: Der Zucchino ist weg, eine Schleimspur ist noch da und in den kümmerlichen Resten sind eindeutig Spuren vom Gebiss der Unterart Schwarzer Schnegel (Limax cinereoniger). Allerdings hätte ich angesichts der gargantuesken Mahlzeit erwartet, im Umkreis einige geplatzte Schnecken zu finden, was nicht der Fall war – in dubio pro reo.

Und ich rede auch nicht von Wühlmäusen, Blattläusen oder Kartoffelkäfern. Geschenkt! Oder von Rucola-süchtigen Tauben und Amseln, die – bloß weil es kaum Kirschen gab – alle meine Stachelbeeren aufessen. Es geht noch heimtückischer:

Auf Geheiß von Frau T. darf ich die Radieschen nicht ernten, sondern muss sie schießen lassen, weil sie dann so schön blühen und vor allem weil dann die lieben Schmetterlinge angeflattert kommen und so putzig um die Blüten taumeln.

Manchmal träume ich von Rettichsalat.