Mit der Empathie ist das so eine Sache in Europa (wie übrigens auch auf der ganzen Welt). »Es tut mir leid, dass ich Ihnen auf den Fuß getreten bin, ich weiß wie Sie leiden, welchen Schmerz ich ihnen mit meiner Unachtsamkeit zugefügt habe und das Bedauern wird in mir wüten und meine Eingeweide zerreißen, bis ich Sie wieder – wenigstens ein wenig – habe lächeln sehen.« So oder so ähnlich laufen normalerweise Unterhaltungen im deutschen ÖPNV ab, empathisch halt. Ein Spanier stattdessen murmelt ein mageres »lo siento«, ich fühle es. Oh je, er fühlt es, eine Bemerkung, der man schon anhört, dass sie nicht ernst gemeint ist, bevor das Gegenüber den Mund geschlossen hat. Portugiesen hängen mit »sinto muito« wenigstens noch ein »muito« an, was es aber nicht viel besser macht. Und das italienische »mi dispiace« könnte man gar als »es missfällt mir« übersetzen, als wäre es meine Schuld, dass ich blöd im Weg rumstehe. Während das holländische »Het spijt me« wahrscheinlich nicht so abweisend gemeint ist, wie es sich auf Deutsch anhört, sind die Franzosen mit »Je suis désolé« wieder etwas mitfühlender, schließlich übersetzt leo.org se désoler mit betrübt sein, traurig sein, aber auch untröstlich sein. Dennoch zeigt sich: Europa müsste insgesamt um einiges empathischer werden, wenn das was werden soll mit der Union. Und man könnte damit anfangen, dass sich die Experten bei der Wettervorhersage dafür entschuldigen, was sie da vorhersagen, weil »het spijt me«.
Küchentagebuch, Donnerstag 27. Mai 2021
- Wildschwein-Filet mit Portwein-Sauce
- Kartoffelpüree
- Limetten-Spinat (wie kürzlich in Österreich)