Als Baum, soviel kann ich sagen, hat man es auch nicht immer leicht. Natürlich will man es den Menschen recht machen, man wächst und blüht und bildet Früchte, auf die es den Menschen ja ankommt – offensichtlich. Wer – außer diesem merkwürdigen Bayer – umarmt und liebkost schon Bäume? Nein, erst wenn da Früchte hängen, dann mögen sie uns ein bisschen. Und loben uns eventuell oder sind maßlos enttäuscht, als wären wir für die Klimaveränderungen verantwortlich. Und schimpfen uns dafür, dass es den Bienen im Frühjahr, als wir blühten, zu kalt war, und deshalb die Ernte ausfällt (der Kirsche links neben mir) oder dass wir alle Früchte fallen lassen müssen, weil sie verwurmt und verfault sind (dem Birnbaum rechts von mir und vielen Apfelbäumen auf der anderen Seite); wir machen das doch nur, um den Rest der Ernte zu retten! Das ist ungerecht, weil wir ja nichts dafür können. Aber am schlimmsten ist die Lieblosigkeit derer, für die wir das alles tun! Ich zum Beispiel stehe ziemlich abseits in der Ecke und mein Mensch war schon mehrere Wochen nicht mehr hier, weil da Zucchini waren und Tomaten und Bohnen und Mangold und Auberginen. Da war wohl keine Zeit für mich, das versteh ich schon, aber trotzdem. Heute taucht er plötzlich auf und sagt: »Auf dem Markt gibt es schon Mirabellen – wie weit bist du denn?« Als hätte ich nicht schon seit Tagen die schönsten, reifsten Mirabellen der westlichen Hemisphäre! Aber der Herr schaut ja nicht! Ich bin ihm wohl egal! Vielleicht geb ich ihm meine Mirabellen dieses Jahr einfach nicht⋯
Küchentagebuch, Samstag 21. August 2021
- Mangoldtarte (nach lamiacucina)
- mit dem Quark-Blätterteig von Frau L.
- Tomaten- und grüner Salat