Lukas 13. 20 Jesus fragte noch einmal: „Womit soll ich Gottes Reich vergleichen? 21 Es ist wie ein Sauerteig, den eine Frau zum Brotbacken nimmt. Obwohl sie nur wenig davon unter eine große Menge Mehl mischt, ist am Ende alles durchsäuert.“ *) So, das habe ich jetzt nicht verstanden. Ich finde das nicht so schlecht, aber Bibelkommentare geht davon aus, dass der Sauerteig grundsätzlich immer eine Form des Bösen bedeutet, das sich wie die Sünde über die Welt ausbreitet. Ich bin weder Sauerteig- noch Bibelexperte, aber irgendwas muss der Sauerteig schon ganz früh falsch gemacht haben. Bereits im 2. Buch Mose 12: 15 Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen. Schon am ersten Tag sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern tun. Wer gesäuertes Brot isst, vom ersten Tag an bis zum siebenten, der soll ausgerottet werden aus Israel. Ähem, oder 1. Korinther 5: 8 Darum lasst uns das Passahfest feiern: nicht mit dem Brot aus dem alten Sauerteig von Sünde und Bösem, sondern mit ungesäuertem Brot der Reinheit und Wahrhaftigkeit. Das ist jetzt blöd, weil ich wollte eigentlich drauf raus, dass der Sauerteig toll ist und unkompliziert – aber wir haben der Bibel ja noch nie so ganz getraut, oder?
Habt ihr jetzt Angst vor dem Sauerteig? Wollt ihr etwa keinen kleinen Tierchen im Kühlschrank haben? Habt ihr euch auch schon durch seitenlange Anweisungen gequält – und weitergeblättert? Gaanz langsam. Eure Rettung ist die sauerteigboerse.de – gebt eure PLZ ein und los. Da gibt es – auch in eurem Umkreis – ganz viele furchtbar liebe Menschen (und wahrscheinlich auch ein paar super-doofe Hipster), die euch von ihrem Sauerteig ein wenig abgeben. Und die Pflege ist dann wirklich easy peasy lemon squeezy.
Widmen wir uns der Frage, welchen Sauerteig ihr euch denn schenken lassen sollt. Und die überraschende Antwort ist: das hängt davon ab. Falls ihr euch die Welt der Roggenbrote erobern wollt (und ihr werdet das früher oder später ohnehin tun, zumindest der Roggen-Mischbrote), wär natürlich ein Roggensauerteig praktisch. Wenn ihr mit knusprigen Baguettes glänzen wollt (und das wird euch sicher nicht – zumindest nicht auf Anhieb – gelingen), dann nehmt am besten Hefe oder fangt mit einem weichen Weizensauerteig (TA200) an. Wenn ihr einfach ein paar gute weizenlastige Alltagsbrote backen wollt, nehmt einen festen Weizensauerteig (TA150). Und wenn euch der nette bärtige junge Mann seinen „Levittchen“ in euer Glas löffelt und sagt, das sei ein Lievito Madre und ursprünglich mit angefaulten Äpfeln vom hauseigenen Apfelbaum angesetzt, und mit den Zehennägeln des Großvaters verfeinert. Dann sagt bitte: „toll“ und „danke“. Aber denken könnt ihr ruhig was anderes. Und spätestens nach der dritten Auffrischung ist von den Zehennägeln ohnehin nichts mehr übrig.
Ich selbst hab inzwischen 3 Sauerteige im Kühlschrank, von denen mindestens einer regelmäßig kurz davor ist, mich wegen Verletzung der Aufsichtspflicht zu verklagen. Aber wir vertragen uns dann doch immer wieder und ich bin bis jetzt noch stets ohne juristischen Beistand ausgekommen. Der Weizen-TA200 ist eindeutig die Diva unter den Sauerteigen (vielleicht rührt daher der schlechte Ruf im alten Testament), der Roggensauerteig ist normalerweise eher gutmütig und der TA150 (oder Pasta Madre, wenn ihr wollt, oder LM, oder Levain dur oder was sich sonst noch so im Netz an Namen tummelt) ist nicht tot zu kriegen. Und das Umzüchten von einem Anstellgut in das andere ist immer möglich. Nur: alle haben es gerne warm. Also nicht im Kühlschrank, aber beim Essen – beim Auffrischen. So knapp unter 30° ist ideal. Das kann man mit einer Kiste erreichen, in die man das Teigchen zusammen mit einer Flasche heißem Wasser steckt, und die man dann mit einem Wollschal umwickelt. Aber was soll ich euch sagen: das nervt! Seit ich einen Thermostat und eine Wärmebox habe, ist die Gefahr wegen Magengeschwür in die Intensivstation eingeliefert zu werden, deutlich geringer.
Also brauchen wir jetzt noch Mehl – in der nächsten Folge.
*) alle Zitate nach bible.com in der Übersetzung „Hoffnung für alle„