Schatzgräber

Es gab im gerade vergehenden Jahr tatsächlich einige Tage, an denen nicht mehr als – sagen wir mal – hundert oder hundertfünfzig Rezepte im Feedreader waren.

An solchen Tagen ist guter Rat teuer: Was essen? Ins Restaurant gehen? Ist meist enttäuschend. Sich selber was einfallen lassen? Au Mann, auch das noch.

Andererseits ist an solchen Tagen auch eine gute Möglichkeit, der schnelllebigen Welt ein Schnippchen zu schlagen. Die meisten Blogs haben nämlich nicht nur die Homepage mit dem dernier cri, sondern auch ein Archiv. Teilweise mit furchtbar vielen Jahren und fast immer 12 Monaten mit oftmals an die zwanzig Posts. Wer will, kann das jetzt mal ausrechnen – ich warte solange …

… das sind ganz schön viele, oder? Und es kommt noch besser: kaum stöbert man ein bisschen, schon tauchen da wahre Schätze auf – normalerweise vergraben unter meterdicken Staubschichten – hab ich das Wort „schnelllebig“ schon erwähnt?

Und wenn dann einer dieser Tage kommt, an denen man denken könnte, der Feedreader müsste mal wieder zur Inspektion, da kann doch was nicht stimmen, dann mach ich den Indiana Jones. Zieh meinen Raiders Style Hut auf, schlüpfe in die Tony Nowack Jacke, schnapp mir die Bullenpeitsche und – tauche mit verwegenem Blick ganz tief ein in die Archive.

Kann ich nur empfehlen. Und rechtzeitig zum Jahres-Ende (Rückblick all überall) ist hier meine Liste mit den Top 4 Schätzchen, gefunden 2011:

Die Kategorie Hauptspeise teilen sich Robert und Frau L. (hoffentlich einvernehmlich).

Robert macht für uns „Filetto di maiale al aceto balsamico“ (zuerst im Mai 2007, dann erneut im Juni 2010). Ich habs im Februar entdeckt, gerade rechtzeitig zum selbst gemachten Kalbs-Jus, und war und bin immer noch begeistert. Unaufwändig und entspannt in der Zubereitung (auch für Gäste), absolut gelingsicher und ein hocharomatischer Genuss – jedes Mal.

 

 

Während Frau L. es schafft, mit ihren „Ravioli pasticciati“ (Oktober 2008) auch Resteküche zu einem wohlschmeckenden Ereignis zu machen, oder – wie Robert es ausdrückt – „dicke, mehlig-pappige Ravioli geniessbar zu machen“. Mir kam es im Juni wie gerufen, als plötzlich die Schwägerin auftauchte und nur ein paar übrige Maultaschen greifbar waren. Die Tomaten waren schon rot, aber … Ist aber (fast) egal, weil durch das „Confieren“ auch rote Plastikbälle Geschmack annehmen und zusammen mit dem Käse, den Semmelbröseln und dem (Halb-)Rahm übrige Teigwaren hervorragend aufpeppen.

In der Kategorie Nützliches tummelt sich – wer sonst – Steph.

Dem „Knoblauch-Confit“ (Juni 2010) habe ich um ehrlich zu sein, nicht allzuviel zugetraut. Aber Skepsis hin, Skepsis her, als ich im August viel zu viel wunderbaren Knoblauch nach Hause gebracht habe, wars einen Versuch wert. Und das war es! Als ich es jetzt zum ersten Mal probiert habe, musste ich zugeben: Deutlich besser als die vertrockneten, schrumpeligen Knollen vom Markt.

In der Kategorie Dessert findet sich ein Schätzchen von Johannes:

Die „Karamellbirnen Vincent Klink mit Vanilleeis“ (vom Oktober 2010) sind definitiv wert, nachgekocht zu werden. Leider erst im Dezember gefunden, aber heutzutage endet die Birnensaison ja nicht so schnell. Apropos Birnen: man sollte den guten Rat von Johannes befolgen und die Birnen rechtzeitig kaufen, damit man sie noch nachreifen lassen kann. Mit harten Birnen gehts nämlich definitiv nicht, aber ansonsten kein bei der Gewürzorgie nichts schief gehen.