Slim Line

Nein, ich bin eigentlich nicht besonders eitel. Zumal ich ohnehin eindeutig der Schönste, Klügste und Netteste bin; da fällt der Verzicht auf Eitelkeit nicht besonders schwer.

Aber ich glaube schon daran, dass der Bauch unterhalb des Gürtels eigentlich nichts verloren hat. Ober er nun von oben drüber quillt, oder sich unten durch schleicht – er sollte da nicht sein. Schon aus ästhetischen Gründen nicht.

Das Waschbrett kenne ich noch aus der Kindheit (wenn auch vielleicht nur aus Erzählungen) und auch der gleichnamige Bauch ist zusammen mit der Jugend verblüht und vergangen (und war vielleicht schon immer nur ein Traum). Man sollte sich keine unrealistischen Ziele setzen.

Wenn aber alle Frauen immer nur auf die eine Stelle schauen, um dann naserümpfend den Blick wieder abzuwenden, bevor man auch nur die Chance hatte, durch einen interessanten Gesichtsausdruck oder ein scheues, intelligentes Lächeln anzudeuten, dass da mehr sein könnte als auch Bauch – was will man da machen? Der Bauch muss weg.

Soll ich mich jetzt kasteien? Auf Butter und Sahne verzichten? Das Weißbier durch stilles Wasser ersetzen? Soll ich etwa (gegen den Wind) Rad fahren, mich sportlich betätigen? Nein, vielleicht, auf keinen Fall (in der Reihenfolge).

Ich muss mir was anderes einfallen lassen.

Ich könnte zum Beispiel auf die abschätzigen Blicken einfach mit einem mitleidigen Gegenblick reagieren. Weil diese armen Geschöpfe offensichtlich gar nicht wissen, wie gut ein Zentimeter Sauerrahm-Butter zwischen Brot und Tomatenscheiben schmeckt. Weil sie die Fett-Tröpfchen in der Sahne als Geschmacksträger gar nicht zu schätzen wissen, und weil sie nicht wissen, dass ein Weißbier im Schatten viel besser auf das Gemüt einwirken kann, wenn man nicht durch übermäßige Körperanstrengung total durchgeschwitzt ist.

Ich könnte mich einfach zurücklehnen und mich freuen, dass Männer nicht immer nur auf den Bauch schauen. Ich könnte mit geschlossenen Augen in die Abendsonne blinzeln und auch so den abschätzigen Blicken entgehen. Ich könnte mir sagen, dass mich dieses eindimensionale Geschlecht, das immer nur auf den Bauch schaut, eigentlich gar nicht interessiert, und ich könnte mich auf die Sahne-Estragon-Sauce freuen, die es heute Abend zu Schweinefilet und Garnelen geben wird.

Könnte ich machen. Wenn da nicht das unangenehme Zwicken an der Gürtellinie wäre. Er gehört da eigentlich nicht hin.

2 Gedanken zu „Slim Line“

  1. Ich wende mich ja mit abschätzigem Blick ab, wenn ich diese hageren, maximal durchtrainierten Typen sehe. Da weiß ich, so einer ginge nie mit mir schlemmen, und falls doch, würde er nachher wahrscheinlich 100 Kilometer Rad fahren statt zuhause gemütlich bei einem letzten Reparaturachtel Wein zu sitzen. Der hätte keine Freude, wenn ich ihm einen knusprigen Schweinsbraten mit Erdäpfelknödeln und feinem Safterl hinstelle, der täte Salat mit Hühnerbruststreifen und morgens Müsli bevorzugen. Was wollte ich eigentlich sagen? Ach ja, pfeif drauf! Frau T. ist sicher nicht so, alle anderen sind wurscht!

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