Meine Hebamme, also die, die mich ans Tageslicht gelockt?, gezerrt?, geworfen? hat – nun, ich will nicht so tun, als würde ich mich an die ersten paar Minuten erinnern, schließlich war ich da ja wahrscheinlich noch ziemlich klein. Diese Hebamme also war eine sehr resolute, zugleich aber eine sehr liebevolle Frau. Sie war wegen ihrer Oberweite auch physiognomisch hervorragend für ihren Beruf geeignet, denn sie konnte so ein kleines Würschdl zum Windel wechseln einfach waagrecht auf ihren Busen legen und wenn sie sich ein wenig zurücklehnte, konnte man auch nicht aus Versehen herunterrollen. Daran kann ich mich noch gut erinnern, da war ich ja immerhin schon einige Wochen alt. Ich kann mich aber auch an Atemnot und Erstickungs-Angst erinnern, wenn man beim Herzen und Liebkosen unvermittelt zwischen die beiden gewaltigen Brüste geriet, dann wurde es kurz dunkel und die Luft knapp. Aber die meisten Leuten glauben ja, dass man sich so weit gar nicht zurückerinnern kann. Und ich will dem auch nur schwach widersprechen, weil ich mir ja noch nicht mal merken konnte, wie die Leberspätzle aussahen und schmeckten, die ich (wahrscheinlich ein wenig später) so gern gegessen habe. Immer, wenn es mich in letzter Zeit überkam und ich im Internet recherchierte, war ich mir sicher: so nicht. Aber wie dann? 99% aller Rezepte bestehen aus Spätzle-Teig, dem gemahlene Leber untergemischt ist. Wahrscheinlich, damit man den Teig durch irgendwelche Pressen drücken kann. So aber waren die Leberspätzle bei uns nicht. Die waren gröber, dicker, auf jeden Fall geschabt (und am besten – eventuell mit mit Ei – gebraten). Da es in letzter Zeit eine kleine Häufung an Leberspätzle in meinem Feed-Reader gab (bei Brotwein z.B. und bei Chili & Ciabbata), und ich auch da “meine” Leberspätzle nicht wiedererkannte, war da eine kleine Wunde in meinem Herzen … Bis, ja bis ich letzte Woche bei meinem Bruder zu Gast war, und der mir das handschriftliche Leberspätzle-Rezept meiner Mutter (die an meiner Geburt auf die eine oder andere Art auch irgendwie beteiligt gewesen sein muss) kopierte. Und ja: Eher ein Leberknödel-Teig und die Anweisung “dicke Spätzle” zu schaben und sie fünf Minuten ziehen zu lassen, weil sie sonst ja nicht durch wären. Und – so steht dort – das Rezept stammt eigentlich von der Hebamme! Also nochmal, Hewamm, vielen lieben Dank, für alles!
Küchentagebuch, Donnerstag 30. September 2021
- Leberspätzle (Hewamm-Art)
- Geschmolzene Zwiebeln
- Kartoffelsalat
Gebacken: Joghurt– und Körnerbrötchen über Nacht (beide bei brotwein.de)
…und das Schaben „dicker Spätzle“ ist auch für den ungeübten Spätzle-Koch, eventuell sogar ohne Zuhilfenahme eines Spätzlebretts, durchaus zu bewerkstelligen.
Und ja, von mir auch: Danke für das Rezept liebe Hewamm und für den Rest auch…
aber man kommt sich schon komisch vor, wenn man mit einem Bastelbrettchen vor dem Topf steht, weil einem sonst auf die Schnelle nichts eingefallen ist, und das als Schwabe