Seit Wochen trainiere ich für die neue Disziplin Kurzduschen. Ich habe mich noch nicht getraut, das iPhone mit unter die Dusche zu nehmen, um exakte Zeiten zu stoppen, aber ich bin fest davon überzeugt, unter 30 s zu sein. Und falls auch das nicht reicht, habe ich den Waschlappen bereitgelegt und hoffe auf weitere sinnvolle Tipps aus Berlin und Stuttgart. Die Heizung ist abgestellt (wobei ich sagen muss, dass es sich mit Woll-Fäustlingen ziemlich schlecht tippt – vor allem die Bildschirm-Tastatur scheint noch in besseren Zeiten designt worden zu sein), heißes Wasser gibt es nur rationiert und aus dem Wasserkocher und die elektrische Zahnbürste ist nach ganz hinten im Spiegelschrank verbannt. Ich bin wirklich zu allem bereit; nicht für mich und nicht für Deutschland, nein, das wird schon alles irgendwie gut gehen. Aber, bitte, eifert mir nach! Wir müssen dringend unserem EU-Partner auf dem Stiefel aus der Bredouille helfen! Da meint doch tatsächlich ein dreimalschlauer sogenannter Wissenschaftler, man könnte der Energiekrise entgegentreten, indem man das Nudelwasser nur kurz aufkocht und dann die Temperatur zurückdreht und den Topfdeckel auflegt! Das würde ja bedeuten, dass die Pasta nicht in kochendem Wasser gart!! Bitte, das geht gar nicht. In einem Land, in dem die Frage, ob Parmesan auf Fisch-Pasta erlaubt ist, zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen kann, sollte man nicht mit dem Feuer Nudelwasser spielen!
Na segunda feira, como se costuma dizer no Brasil, haben wir bei strahlendem Sonnenschein in Badelatschen Grünkohl geerntet und die Wintersaison eingeläutet: Grünkohl-Pasta nach Tim Mälzer. Apropos Saison: Jeder hat ja sein höchsteigenes Lieblings-Rezept für Kürbissuppe. Ich auch, aber heute – na terça-feira – habe ich mich für das Lieblings-Rezept von Anke Gröner entschieden und mit einem frischen Weizen-Sauerteig-Brot serviert. [Obwohl dank vieler Fütterungen das Vertrauen in meinen Sauerteig wächst, erschien mir ein zweistufig geführter Sauerteig und lange kalte Gare – aus Lutz Geißlers “Krume und Kruste” – angeraten. Eigentlich mag ich es gar nicht, wenn ein Brot sich über drei Tage hinzieht und immer wieder gestreichelt werden will, aber beim Essen vergesse ich das Nichtmögen meistens schnell wieder.]
Da mein Lieblings-Rezept für “Huhn süß-sauer” bei foodfreak.de in den Tiefen des Internet verschwunden ist und wahrscheinlich auch nicht mehr so schnell auftauchen wird, musste ich weitersuchen (wichtig: ohne Dosen-Ananas!) und bin im Kleinen Kuriositätenladen gelandet. Das wäre ja auch schade, wenn es den nicht mehr gäbe, aber diesmal, also na quarta-feira, ist alles schiefgegangen. Das lag sicher auch an mir (z.B. war der Ausbackteig viel zu dünn), aber ich glaube nicht, dass die Sauce nach etwas anderem als Ketchup schmecken kann, auch wenn man alles richtig macht – Keine Empfehlung; war halt 2010. Gut, es kann nicht alles funktionieren, aber zweimal hintereinander sollte das möglichst nicht passieren. Gott sei Dank steht auf der Nachkochliste ja noch der “Hasselback-Sellerie mit Miso-Glasur und Zwiebel-Radieschen-Salat” (🌶), den es dann na quinta-feira gab. Statt mit Fladenbrot mit vorgekochten, dann in der Pfanne angebratenen Bamberger Hörnchen. Dass kein weißes Miso mehr Vorrat war, habe ich zu spät bemerkt, aber “helles” Miso war noch da [und das schmeckt wahrscheinlich sogar noch besser😉].
Ich neige eigentlich nicht zu überhasteten Entscheidungen (für meinen Düsenjet habe ich fast zwei Wochen überlegt, für die Yacht ein ganzes Wochenende und für den Porsche mehr als zwei Stunden, nur so zum Beispiel), es kommt deshalb nicht allzu oft vor, dass ein Rezept abends im Feedreader und am nächsten Abend bereits auf dem Esstisch auftaucht. Na sexta-feira (zur Erinnerung: das ist uns bei der Freitag) hat es der Jollof-Reis bei lieberlecker geschafft. Nicht wegen des Bildes oder der Zutaten, sondern wegen des Versprechens, dass man belohnt wird, wenn man es schafft, den Deckel noch 15 Minuten lang auf dem Topf zu lassen, nachdem er aus dem Ofen kommt. Deshalb können mir auch alle Rezepte gestohlen bleiben, die den Reis in der Pfanne zubereiten. Bei uns nicht mit Huhn, sondern mit Lamm-Lachsen und Kräuterbutter. No sábado musste ich einem anderem Drang nachgeben und das Sauerkraut aus dem Päckchen ausprobieren. Natürlich mit Spätzle – Gut. No domingo schließlich musste ich das Projekt TK-Leeren vorantreiben – so viel äußerer Zwang, so wenig eigener Wille: Ricotta-Zitronen-Ravioli mit Salbeibutter, aber mein Wille hätte es eigentlich nicht besser wollen können.
Da Grünkohl einfach saulecker ist, wird Hr Mälzer, also sein Rezept mal ausprobiert 🙂
Gute Wahl. Da ich dem traditionellen Grünkohl (womöglich mit Pinkel!) wenig abgewinnen kann, bin ich gerade auf der Suche nach Rezepten …
das mit der hellen Miso ist wahrscheinlich richtig. Die Kohlrabi meunière waren jedenfalls mit besagter (in Ermangelung der weißen) furchtbar lecker…
ich bin kein Experte, aber ich glaube je heller desto milder; weder dem Kohlrabi noch dem Sellerie schadet ein wenig Wumms (Doppel-Wumms?)